Frühe Rekultivierungsphase
Die frühen Phasen der forstlichen Rekultivierung waren geprägt von einer gewissen Experimentierfreudigkeit, was die Auswahl an Baumarten aber auch an verwendeten Bodensubstraten anbelangt. Das Rekultivierungsziel bestand zunächst darin, die ausgekohlten Tagebauflächen ohne Anspruch auf Begründung neuer Wälder zu begrünen und insbesondere Böschungen von Erosion und Bodenrutschungen zu sichern. Bald schon wurde Abraum jedoch so verkippt, dass die Flächen nach dem Kohleabbau forstlich genutzt werden konnten.
In den 1930er Jahren begann dann die systematische forstliche Rekultivierung. Angeregt durch Forschungsarbeiten von Heuson (1924) aus dem Lausitzer Revier, startete man zunächst mit Versuchen zur Waldbegründung. Da man sich zu diesem Zeitpunkt noch unsicher über die standörtliche Eignung der Baumarten war, pflanzte man zur Risikostreuung eine Vielzahl verschiedener Arten und ging davon aus, dass sich diejenigen durchsetzen würden, denen der Standort am besten entsprach.
Die Voraussetzung für Rekultivierungsmaßnahmen in dieser Zeit war recht günstig. Die Abraummassen waren vergleichsweise geringmächtig, da die Braunkohle dicht unter der Erdoberfläche lag und nur von einer dünnen Schicht Lösslehm und Hauptterrassenschottern des Rheins bedeckt war. Dadurch war der Anteil an belebtem Mutterboden in den aufgekippten Flächen relativ hoch. Bei der Verkippung mit Hilfe der Grubenbahnen wurde das Material locker abgelagert, was sich vorteilhaft auf den Wasserhaushalt auswirkte. So genannte Spülkippen, bei denen der Abraum mit Wasser vermischt wurde, besaßen dagegen ungünstigere Eigenschaften.
Pappel-Phase
Während des Zweiten Weltkriegs und in den ersten Jahren danach wurden nur wenige Flächen rekultiviert, so dass Anfang der 1950er Jahre fast 2000 ha Fläche zur Rekultivierung anstanden. Um den Rückstand aufzuholen und aus ökonomischen Erwägungen, plante man, die Flächen zunächst mit schnell wachsenden Baumarten aufzuforsten. Pappeln und Erlen sollten als Vorwald für eine später anzupflanzende Waldgeneration aus anderen Baumarten dienen und geben dieser Phase der forstlichen Rekultivierung den Namen „Pappel-Phase“.
Die nachträglich zu rekultivierenden Böden waren meist aus Hauptterrassenmaterial und tertiären Sedimenten wie Kies und Ton aufgebaut. Da diese Bodenbestandteile während des Krieges jedoch teilweise wahllos verkippt worden waren, fand man jetzt Flächen vor, die physikalisch ungünstige Voraussetzungen für eine Aufforstung aufwiesen. Auch auf ehemaligen Standorten, wie Raupenwegen, Grubenbahntrassen, Brikettfabriken und anderen baulichen Anlagen, wuchs der Pappelwald nur sehr schlecht. Auf Flächen mit gutem, lockerem Bodenmaterial, das darüber hinaus durch Basenreichtum und einen günstigen Wasserhaushalt geprägt war, zeigte sich dagegen ein überdurchschnittliches Wachstum. Diese Pappelwälder werden oder sind bereits in Buchen- und Eichenwälder umgewandelt.
Forstkies
Studien der Universität Göttingen und des damaligen Geologischen Landesamtes bildeten die wissenschaftliche Grundlage für die ab 1958 beginnende Nutzung spezieller Substrate für die forstliche Rekultivierung. Während für die Landwirtschaft nur Braunerden mit hohem und mittleren Basengehalt in Frage kommen, können für die Waldbodenherstellung aufgrund der geringeren Standortansprüche ebenso entkalkter Lösslehm und eine Mischung aus Löss und Lösslehm mit den darunter liegenden Kiesen und Sanden der pleistozänen Terrassen verwendet werden. Diese Mischsubstrate werden als „Forstkies“ bezeichnet. Sie ermöglichen vor allem auf Böschungen, wo reiner Löss/Lösslehm durch Erosion abgetragen würde, eine erfolgreiche Etablierung der Vegetation.
Der Forstkies bietet aufgrund seiner physikalischen und chemischen Eigenschaften beste Voraussetzungen für ein gutes nachhaltiges Pflanzenwachstum. Der pH-Wert dieser Mischsubstrate hängt von den Ausgangssubstraten ab – speziell von der Lösskomponente – und variiert daher zwischen pH 6,5-7,0 im nördlichen Revier und pH 5,0-6,0 im südlichen Revier. Diese pH-Werte eignen sich für alle einheimischen Laubholzarten.
Durch die schluffigen und tonigen Anteile des Lösses hat der Forstkies eine ausreichend hohe Wasserspeicherkapazität, um Niederschlagswasser zu binden und die Pflanzen mit Wasser zu versorgen. So wie die ursprünglichen Parabraunerden, sind diese Standorte daher unabhängig vom Grundwasser. Damit sich am Fuße der Rekultivierungsschicht keine wasserstauenden Horizonte bilden, wird das Rohplanum wie bei der Herstellung landwirtschaftlicher Standorte in den obersten zwei Metern aus durchlässigem Material hergestellt.
Das Forstkiesgemisch wird direkt im obersten Schnitt der Tagebaue mit den Schaufelradbaggern gewonnen, wo entsprechende Löss- und Kiesverhältnisse vorliegen und nicht nachträglich vermischt. Ohne künstlichen Mischvorgang wird der Forstkies dann mittels Absetzer in einer Mächtigkeit von etwa zwei bis vier Metern auf die zur Rekultivierung anstehenden Flächen verkippt. Das bewirkt ein unsortiertes Schüttgut, das dadurch charakterisiert ist, dass kleine und große Bestandteile mit einem hohen Hohlraumvolumen verkippt werden. Damit sind eine gute Bodendurchlüftung und Durchwurzelbarkeit sichergestellt. Dies gilt allerdings nur für Mischböden, die über einen ausreichenden Lössgehalt verfügen und damit nicht zu späteren Verdichtungen neigen.
Heutige Rekultivierungsmethoden
Die für die forstliche Rekultivierung verkippten Flächen werden heutzutage nicht mehr planiert.
So bleibt der Boden optimal locker und bietet dem neuen Wald beste Voraussetzungen. Diese neue raue Oberfläche hat sich als ökologisch sehr vielfältig erwiesen: Schon auf kleineren Flächen finden Kleintiere und Pflanzen trockene, warme Bereiche einerseits und kühle, feuchte Mulden andererseits. Allerdings sind diese Flächen so uneben, dass man sie zur Pflege kaum betreten kann. Deswegen werden heute im Abstand von etwa zwanzig Metern Raupenspuren einplaniert. Zwischen zwei Raupen wird dann ein Seil mit Stahlplatten über den Boden gezogen, welches die gröbsten Unebenheiten bricht. Hierbei spricht man vom sogenannten „Kettenabzugsverfahren“. Die Raupenspuren dienen dann im Weiteren als sogenannte Rückelinien: von hier aus wird der Wald bodenschonend bewirtschaftet und gepflegt.
Vielfalt der Bäume und Sträucher
Seit der Etablierung des Forstkieses als Rekultivierungssubstrat erfolgt die Aufforstung unmittelbar mit Eichen und Buchen als heimische Hauptbaumarten auf rund 80 % der Fläche. Laubbäume haben Vorrang vor Nadelgehölzen, weil sie seit alters her in der natürlichen Vegetation der Niederrheinischen Bucht vorherrschen. Doch Koniferen (Nadelhölzer) fehlen nicht. Stellenweise lockern sie das Landschaftsbild auf und bieten dem Wild im Winter Deckung. Pappeln und Erlen dienen als Schirmbaumarten für die heranwachsenden Bestände. Als sogenannte Ammenbäume spenden die schnellwachsenden Pappeln genügend Schatten den darunter stehenden langsam wachsenden Hauptbaumarten. Nach ca. 15 Jahren werden die Pappeln geringelt, das heißt durch ringförmiges Entfernen der Rinde wird der Saftfluss durchtrennt, so dass der Baum langsam abstirbt und seine nächste Funktion als Totholzbaum übernehmen kann.
Die RWE-Förster und -Waldarbeiter pflanzen jährlich mehrere hunderttausend Gehölze auf die Kippenflächen: überwiegend Stieleiche und Rotbuche, aber auch Winterlinde und Wildobstbäume. Sie beziehen die Jungpflanzen aus Baumschulen. Gleichzeitig ernten sie Baumsamen in den Altbeständen des Tagebauvorfelds, um das genetische Potenzial der heimischen Altwälder zu erhalten. In den jungen Beständen bleiben ausreichende Lücken für natürlich einwandernde Baumarten wie die Birke.
Vor allem auf locker gekipptem, lössreichem Forstkies sind die Wuchsleistungen aller Baumarten hervorragend. Die Forstkiesböden sind im Allgemeinen so gut mit Nährstoffen versorgt, dass kein festes Düngeregime vorgegeben ist. In der Regel kann auf eine Düngung ganz verzichtet werden. Nur bei Bedarf werden die Pflanzen in den ersten Jahren, meist einmalig, einzelstammweise gedüngt.
Die Rekultivierung ist mit der Kulturbegründung mitnichten abgeschlossen, sondern erfordert eine laufende fachgerechte Pflege und Unterhaltung der Rekultivierungsbestände, insbesondere auch die Einwirkung auf die Baumartenmischung, um den Erfolg der Rekultivierungsmaßnahmen nachhaltig zu sichern. Wenn es um Planung und Pflege solcher neuen Wälder geht, folgen wir dem Prinzip der naturnahen Waldwirtschaft.
Zur Verbesserung der forstlichen Rekultivierungserfolge wurden verschiedene Studien durchgeführt. So wurde z. B. die Wiederansiedlung verschiedener Arten untersucht, ebenso wie die Auswirkung der Oberflächengestaltung und die Ausbreitung von Regenwürmern unter verschiedenen Voraussetzungen. Waldwiesen und Sukzessionsflächen steigern die Vielfalt der Standorte im Wald. Maßnahmen, wie das Aufstellen von Totholzstämmen, die Gestaltung der Waldränder sowie die Verbringung von Waldboden, werden im Rahmen unserer Biodiversitätsstrategie umgesetzt, um die Artenvielfalt im Wald zu erhöhen.