Als Sonderstandorte bezeichnet man Flächen, die weniger dem Primärziel der Wiedernutzbarmachung wie Land- und Forstwirtschaft unterliegen, sondern auch andere Zielsetzungen, insbesondere solche des Naturschutzes zulassen. Dazu zählen Gewässer, Trocken- oder Feuchtgebiete, nicht-kommerziell bewirtschaftete Flächen wie Wiesen sowie Sukzessionsflächen. Nach der Rekultivierungsrichtlinie ist es möglich, kleinflächig auch andere Substrate als Löss, Lösslehm und pleistozäne Terrassenschotter einzusetzen. So werden neben der land- und forstwirtschaftlichen Rekultivierung auch gezielt kleinflächige Sonderstandorte in der Rekultivierung angelegt. So entstehen Flächen, die aufgrund ihrer Anlage mit besonderen Substraten extreme Standorteigenschaften aufweisen und somit besonders trocken, nass, nährstoffarm oder steil sind. Diese Lebensräume kommen so nur noch selten in unserer Kulturlandschaft vor und zeichnen sich als "Hotspots der Biodiversität" aus, da sie ein Refugium für viele seltene Tier- und Pflanzenarten darstellen. Vielfach werden beispielsweise sorptionsschwache quartäre Kiese und Sande verkippt, um nährstoffarme, trockenwarme Sonderstandorte zu erzeugen. Um wechselfeuchte Lebensräume mit ephemeren Kleinstgewässern, Tümpeln und Weihern zu schaffen, wird reiner Ton oder Lehm verkippt.
Hier stellen wir eine Auswahl an Sonderstandorten in der Rekultivierung im Rheinischen Revier vor.
Rekultivierung Hambach: Goldene Aue
Auf dem Plateau der bewaldeten Sophienhöhe wird derzeit eine etwa 50 ha große Freifläche angelegt – die sogenannte Goldene Aue. Den Namen verdankt sie dem im Frühsommer überall gelbblühenden Klappertopf und Färber-Ginster. Als Offenlandbereich mit geplanter extensiver Beweidung und feuchten Senken bildet die Goldene Aue einen Hot Spot der Biodiversität. Durch unterschiedliche Substratverkippung mit tonigem Material in der Muldenmitte und sandigen Materialien an den Böschungen konnten hier sowohl Gewässer als auch Heidelandschaften geschaffen werden. Zusammen mit Steilkanten, artenreichen Mähwiesen und gestuften Waldrändern bietet die Goldene Aue schon jetzt vielen seltenen Tier- und Pflanzenarten ein breites Spektrum aus unterschiedlichen Lebensräumen. Flussregenpfeifer, Kreuz- und Wechselkröten, Heidelerche, Neuntöter, Wiesenpieper, Haselmaus und Klappertopf gehören zu den Bewohnern. Um die Entwicklung des Sonderstandortes zu dokumentieren, werden faunistische und floristische Untersuchungen durchgeführt. Mehr erfahren
Die Goldene Aue wird noch weiter vergrößert werden und bis zum zukünftigen Ufer des Tagebausees Hambach hinabreichen.
Rekultivierung Hambach: Höller Horn
1990 wurden auf der Sophienhöhe Flächen mit unterschiedlichen Bodensubstraten verkippt und der Sukzession überlassen. Im Bereich des Höller Horns kamen neben tonigen und kiesigen Anteilen überwiegend tertiäre Sande mit hohen Sulfidgehalten zum Einsatz. Diese Böden sind zumeist extrem nährstoffarm und im Falle der Tertiärmaterialien auch stark sauer. Daher ist die Vegetation in weiten Bereichen außerordentlich spärlich. Allmählich kommen Wald-Kiefer und Sand-Birke auf, aber auch Bereiche mit Heide haben sich entwickelt. Die Fläche wurde nicht eingeebnet, so dass hier eine große Reliefvielfalt mit Steilkanten, Mulden und Böschungen erhalten blieb. In diesen Dünenlandschaften fühlen sich Spezialisten wie Zauneidechse, Blauflügelige Ödlandschrecke und Wildbienen wohl. Auch heimische Orchideen wurden hier nachgewiesen. Um die Entwicklung des Sonderstandorts zu dokumentieren, werden faunistische und floristische Untersuchungen durchgeführt. Mehr erfahren
Rekultivierung Hambach: Silikatmagerrasen
Auf der Fläche des Silikatmagerrasens wurden sandige und kiesige Materialien verkippt, auf denen sich ein Mosaik aus lückigen, blütenreichen Beständen mit großen Rohbodenanteilen und Silbergrasfluren entwickelte. Im Hochsommer bescheren der blühende Färber-Ginster, wilder Thymian und Bergsandglöckchen der Fläche zusätzlich einen Heidecharakter. Der Silikatmagerrasen ist mit 70 Pflanzenarten floristisch sehr artenreich. Daher ist es nicht verwunderlich, dass auch faunistisch sich sehr viele – zum Teil seltene – Arten dort aufhalten. Allein über 500 verschiedene Falterarten konnten nachgewiesen werden. Um die Entwicklung des Sonderstandorts zu dokumentieren, werden faunistische und floristische Untersuchungen durchgeführt. Mehr erfahren
Rekultivierung Hambach: Eisvogelsee und See Bergmannsruh
Die beiden Regenrückhaltebecken im Osten (Eisvogelsee) und Westen (See Bergmannsruh) der Sophienhöhe haben sich zu mesotrophen Teichen mit sehr gut ausgebildeter Röhricht-, Schwimmblatt- und Tauchpflanzenzone entwickelt. Am Rand der Teiche kommen lokal für Uferzonen typische Grauweidengebüsche vor. Die Röhrichtzone ist strukturell abwechslungsreich und artenreich. Punktuell wurde das Lebensraumangebot für spezialisierte Tierarten erweitert, z. B. durch Installation von Nisthilfen für den dort vorkommenden Eisvogel. Amphibien wie den Springfrosch, verschiedene Libellenarten sowie eine Vielzahl an Wasservögeln wie beispielsweise Zwergtaucher findet man an den Gewässern. Um die Entwicklung des Sonderstandorts zu dokumentieren, werden faunistische und floristische Untersuchungen durchgeführt. Mehr erfahren
Auch wird die Entwicklung der Gewässer auch unter Wasser durch Tauchkartierungen von Makrophyten (Wasserpflanzen) untersucht.
Rekultivierung Garzweiler: RBS-Becken
In der Rekultivierung Garzweiler befindet sich das sogenannte RBS-Becken, ein ehemaliges Kieswerk-Absetzbecken der Rheinischen Baustoffwerke auf der Königshovener Höhe, das im Zuge der fortschreitenden Rekultivierung des Tagebaus Garzweiler zu einer Artenschutzfläche für Pionierarten wie Kreuz- und Wechselkröten sowie Gelbbauchunken umgewandelt und optimiert wurde. Der Wasserspiegel wurde deutlich gesenkt, sodass etwa ein Drittel der Beckenfläche mit Wasser bespannt ist. Daran schließen sich sandige, nährstoffarme Offenlandbereiche an. Kiesschüttungen an den Böschungen sowie Versteckmöglichkeiten durch Steine oder Totholz erhöhen zusätzlich das Lebensraumangebot. Der hier vorhandene Biotopkomplex unterschiedlicher Extrembiotope entspricht den Lebensraumansprüchen von Pionierarten in ihren unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Aber auch Drosselrohrsänger, Rohrweihen und Baumpieper fühlen sich hier wohl. Um die Entwicklung des Sonderstandorts zu dokumentieren, werden faunistische und floristische Untersuchungen durchgeführt. Mehr erfahren
Rekultivierung Garzweiler: Königshovener Höhe und Königshovener Mulde
Die Königshovener Höhe ist eine landwirtschaftlich genutzte Anhöhe mit forstlich rekultivierten Böschungen. Durch die hohe Strukturvielfalt bestehend aus Blühstreifen und -feldern, Hecken, Brachen, Totholz- und Steinhaufen bietet das Plateau Lebensraum für viele Tierarten des Offenlands, insbesondere über 150 Vogelarten, darunter viele seltene Arten wie Korn- und Wiesenweihen, Sumpfohreulen, Rebhühner, Feldlerchen, Grauammern und Steinschmätzer, konnten bereits nachgewiesen werden. Unterbrochen werden die landwirtschaftlichen Felder durch die naturnah gestaltete Königshovener Mulde. Hier wurden die Böschungen forstlich rekultiviert mit nährstoffarmen Freiflächen im Muldental, auf denen sich artenreiche Wiesen entwickeln konnten. Unter anderen lassen sich hier fast 20 heimische Orchideen finden.
Rekultivierung Garzweiler: Elsbachtal
Das Rekultivierungsgebiet Elsbachtal westlich von Grevenbroich wurde als 200 m breite Mulde angelegt. Sie schließt östlich an den natürlichen Elsbach an. Das Tal nimmt Regenwasser von den angrenzenden, landwirtschaftlich rekultivierten Feldern auf und leitet es ab. Wie viele Gewässer in der Bördelandschaft führt auch der Elsbach nur nach ergiebigen Regenfällen Wasser. Die naturnah geformten Böschungen sind bestockt, der Bachlauf schlängelt sich, gesäumt von Erlen, Eschen und Kopfweiden durch die offen als Grünland mit artenreichen Wiesen gestaltete Talsohle. Außerdem befinden sich in dem Gebiet drei Kleingewässer. Das Elsbachtal wird gerne als Naherholungsgebiet genutzt, aber auch viele seltene Tier- und Pflanzenarten wie heimische Orchideen, Baumpieper, Haselmaus sowie Kreuz- und Wechselkröte fühlen sich hier wohl. Um die Entwicklung des Sonderstandorts zu dokumentieren, werden faunistische und floristische Untersuchungen durchgeführt. Mehr erfahren
Rekultivierung Inden: Neue Inde
Durch das Fortschreiten des Braunkohlentagebaus Inden wurde eine Verlegung des Flusses Inde auf einem ursprünglich etwa 5 km langen Abschnitt notwendig. Bei der Planung des neuen, nun 12 km langen Indeabschnitts wurden ökologische Belange besonders berücksichtigt. Der neue Flusslauf wurde naturnah gestaltet, um dem Gewässer eine weitgehend ungestörte Entwicklung zu ermöglichen. Im Vergleich zum alten, begradigten Verlauf der Inde ist ein mehr als doppelt so langes, mäandrierendes Fließgewässer mit einer erheblich erweiterten, z. T. mit Flachufern, Steilkanten, Feuchtgebieten und Überflutungsbereichen versehenen Aue entstanden. Seltene Libellenarten wie die Grüne Flussjungfer, Ringelnatter und Biber fühlen sich in dem unter Prozessschutz stehenden Gebiet wohl. Um die Entwicklung des Sonderstandorts zu dokumentieren, werden faunistische und floristische Untersuchungen durchgeführt. Mehr erfahren