Mehr Biodiversität für das Rheinische Revier: Chancen und Hindernisse

Die biologische Vielfalt der Erde ist die Grundlage für unsere Ernährung, unsere Gesundheit, aber auch ein Wert an sich. Welche Chancen bringt eine hohe Artenvielfalt im Zuge der Rekultivierung und des Strukturwandels im Rheinischen Revier mit sich? Mit welchen Hindernissen wird sie konfrontiert?
Welche Bedeutung hat Biodiversität für die Region im Zuge des Strukturwandels?

Diese Fragen diskutierten rund 150 Experten aus Wissenschaft, Fachbehörden, Verbänden und ehrenamtlichem Naturschutz, die am 03. November 2021 an der Fachtagung Rekultivierung auf Schloss Paffendorf oder via Videokonferenz teilnahmen.

Begrüßung
Dr. Lars Kulik (RWE Power, Vorstandsmitglied Ressort Braunkohle)

„Das Ziel ,Erhöhung der Artenvielfalt’ steht für uns bei Planung, Gestaltung und Pflege der Bergbaufolgelandschaft und anderer Artenschutzflächen im Fokus“, erklärte RWE Power-Bergbauvorstand Lars Kulik. Die Rekultivierung solle immer besser werden. „Dies gilt auch in der jetzigen Situation, in der wir infolge der politischen Beschlüsse im Kohleverstromungs-Beendigungsgesetz auf eine deutlich frühere Beendigung der Kohlegewinnung und -nutzung zufahren“, unterstrich Kulik.

Grußwort
Frank Rock (Landrat Rhein-Erft-Kreis)

Das Rheinische Braunkohlenrevier könne zu einer Modellregion für einen erfolgreichen Strukturwandel werden, der auch die Artenvielfalt berücksichtige. Optimismus verbreitete Frank Rock, Landrat des Rhein-Erft-Kreises und nach eigenen Angaben als Alt-Hürther ein „Kind der Rekultivierung“, in seinem Grußwort.

Biodiversität: Ein Schlüssel für erfolgreiche Unternehmen
Prof. Dr. Michael Rademacher (Technische Hochschule Bingen)

Biodiversität sei ein Schlüssel für erfolgreiche Unternehmen, betonte Radermacher in seinem Vortrag auf der Fachtagung. Wer sie ernst nehme, tue sich leichter bei Genehmigungsverfahren, vermeide Umweltschäden und komme in einen fruchtbaren Dialog mit Nachbarn und Interessenvertretern.

Vortrag

Landesstrategie Biodiversität (NRW)
Andre Seitz (MULNV NRW)

„Rund 43.000 verschiedene Arten kommen in NRW vor, davon stehen rund 45% auf der Roten Liste NRW. Es ist unsere Verantwortung, diesen Artenschatz auch für künftige Generationen zu erhalten“, schreibt uns Andre Seitz für seinen Vortrag. Er selbst konnte leider aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Tagung vor Ort teilnehmen. Im Januar 2015 wurde deshalb die Biodiversitätsstrategie des Landes NRW verabschiedet. Um den Verlust der biologischen Vielfalt zu stoppen, ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit allen gesellschaftlichen Akteuren und Partnern in NRW unerlässlich. „Von daher ist es begrüßenswert, dass der RWE-Konzern eine eigene Biodiversitätsstrategie entwickelt hat und das Thema proaktiv angeht“, freut sich Seitz.

Vortrag

RWE-Biodiversitätsstrategie für das Rheinische Revier
Gregor Eßer (Forschungsstelle Rekultivierung)

Gregor Eßer von der Forschungsstelle präsentierte die Biodiversitäts-Strategie von RWE Power, die im Jahr 2018 vom Unternehmen eingeführt wurde. Die Strategie kommt der gesetzlich gebotenen Wiedernutzbarmachung der Tagebaue zu Gute und bietet Chancen zur darüber hinausgehenden, freiwilligen Verbesserung von Biodiversität. Das Unternehmen hat sogenannte Zieltierarten für die drei Lebensräume „Offenland“, „Wald“ und „Gewässer“ in der Rekultivierung festgelegt. „Was für die Spechte förderlich ist, kommt letztlich der ganzen Lebensgemeinschaft ,Wald’ zu Gute“, so Eßer.

Vortrag

Biodiversitätsprojekt in der Rekultivierung: Feldhase
Dr. Michael Petrak (LANUV NRW)

Auf den neuen Äckern und Feldern ist dagegen der Feldhase die Ziel-Spezies. Wie gut und gesund der Bestand dieser bedrohten Tierart ist, berichtete der Wildbiologe Michael Petrak von der Landesanstalt für Natur- und Verbraucherschutz. Er hat zum Beispiel die Hasen-Population auf der sogenannten Autobahn-Insel erforscht. Das ist die Feldflur zwischen der A 44n und der Restmulde des Tagebaus Garzweiler. Petrak: „Der Feldhase ist ein guter Indikator für die Qualität der landwirtschaftlichen Rekultivierung. Je kleiner die Felder, desto günstiger ist das für den Hasen.“

Vortrag

Video-Statements zur Bedeutung der Biodiversität in der Region
Thomas Muchow, Frank Rock, Karl-Heinz Jelinek, Dr. Patricia Peill, Mirca Litto, Pfarrer Martin Trautner, Sascha Solbach

Strukturwandel im Rheinischen Revier versus Biodiversität? 
Dr. Stephan Piotrowski (Zukunftsagentur Rheinisches Revier) 

Die Biodiversität zu erhalten und zu steigern, sei ein Baustein in der Perspektivplanung für das Städte-Dreieck Köln/Aachen/Düsseldorf, stellte Stephan Piotrowski von der Zukunftsagentur Rheinisches Revier heraus. Die Akteure des Strukturwandels müssten sich weiter vernetzen, um die Region mit Blick auf nachhaltiges Wirtschaften und Ressourcenschutz zu entwickeln. 

Vortrag

Verabschiedung
Michael Eyll-Vetter (RWE Power, Spartenleiter Tagebauentwicklung) 

„An vielen Stellen sind Wissenschaft, Fachbehörden, Naturschutz, ja auch Einzelkämpfer, aber immer Leute vom Fach beteiligt, um die Rekultivierung zu unterstützen“, dankte Michael Eyll-Vetter, Leiter der Tagesbauentwicklung von RWE Power, den Teilnehmern für ihr Interesse und Engagement. Der fachliche Austausch sei extrem wichtig, um das „Megathema“ Strukturwandel und Artenschutz voranzubringen. Falls die Politik ein Ende der Kohlenutzung vor 2038 beschließen sollte, werde diese Aufgabe noch herausfordernder.

Die Antworten zu den restlichen Chat-Fragen, die aufgrund der Zeit während der Veranstaltung nicht mehr beantwortet werden konnten, können Sie hier einsehen.

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Veranstaltungen

Am 27. April 2023 fand das Jahresgespräch der Forschungsstelle Rekultivierung im Schloss Paffendorf unter reger Teilnahme von Politikern, Fachleuten und Interessierten statt. Eine Zusammenfassung des Events finden Sie hier.