Aktive Rekultivierung
Forstliche Rekultivierung: ca. 720 ha
Landwirtschaftliche Rekultivierung: ca. 3800 ha
Historie
Der Braunkohlentagebau im Westrevier hat eine lange Tradition. Bereits 1819 stieß man hier auf ein mehrere Meter starkes Braunkohleflöz. Ende des 19. Jahrhunderts begann die großtechnische Gewinnung der Braunkohle. Die ältesten Rekultivierungen in diesem Gebiet sind kleine Halden mitten in Weisweiler und Eschweiler, die aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts stammen. Darüber hinaus umfasst die Rekultivierung die Goltsteinkuppe, die Halde Nierchen, die ehemaligen Tagebaue Zukunft und Zukunft-West mit dem Blausteinsee sowie große Teile des aktuell noch betriebenen Tagebaus Inden. Hier findet man neue land- und forstwirtschaftliche Flächen mit einem dichten Netz ökologisch wirksamer Zusatzstrukturen.
Teilbereiche
Ein besonderer Anziehungspunkt für Erholungssuchende sind der Blausteinsee und der sich im Norden anschließende, ca. 3,5 km lange Schlangengraben. Letzterer wurde bereits 1990 rekultiviert und dient in der stark agrarisch geprägten Rekultivierungslandschaft der Biotopvernetzung des Sees über Gehölzbereiche bei Niedermerz mit dem Altland. Im Bereich des Schlangengrabens finden sich verschiedene Trocken- und Feuchtbiotope, in denen viele verschiedene Tier- und Pflanzenarten eine Heimat gefunden haben. Darüber hinaus dient der Grünzug dem genetischen Austausch und einer beschleunigten Neubesiedlung der Rekultivierung.
Die Befüllung des ca. 100 ha großen und 46 m tiefen, für die Freizeitnutzung bestimmten Blausteinsees erfolgte in den Jahren 1994 bis 2005 mit Sümpfungswasser. In einem den See umgebenden Grünbereich wurden hauptsächlich Eiche, Buche und Pappel als Schirmgehölze angepflanzt. Es entstanden jedoch auch Wiesenstandorte und Freiflächen, die der freien Sukzession überlassen wurden.
Im Jahr 2005 erreichte der Tagebau den früheren Verlauf der Inde. Ein 5 km langer Teilabschnitt des Flusses musste daher umverlegt werden. Diese Gelegenheit wurde genutzt, um den vormals begradigten Fluss wieder einen natürlichen, auf einer Länge von 12 km frei mäandrierenden Verlauf innerhalb einer 300 m breiten Aue zu ermöglichen. Innerhalb der mit 400.000 Bäumen und Sträuchern bepflanzten Flussaue kann die Inde nun natürlich über die Ufer treten und schafft mit ihrer Dynamik ständig neuen Lebensraum in Form von Kiesbänken, Inseln, Tümpeln und Steilufern für viele Arten der Fluss- und Auenlandschaften. Die Aue unterliegt in großen Teilen dem Prozessschutz und kann sich somit selbständig und ohne Eingriffe von außen entwickeln.
Die überwiegend landwirtschaftliche Rekultivierung in Inden wird durch ökologische Zusatzstrukturen wie Feldraine, Hecken und bepflanzte Gräben aufgelockert, um Arten der offenen und halboffenen Lebensräume zusätzliche Strukturen zu bieten. Zur Anlage von Wiesen und Feldrandstreifen wurde das Verfahren der Mahdgutübertragung angewandt. Dabei sind vor allem entlang der Inde besonders artenreiche Wiesenabschnitte entstanden. Darüber hinaus wurden Kleingewässer entlang der Inde und des Schlangengrabens geschaffen, die regelmäßig trockenfallen. Zudem wurden Totholzstämme in die Indeaue verbracht.
Als Ausgleich für den Lucherberger See wurde im Norden des zukünftigen Restsees eine Flachwasserzone angelegt. Weite Sicht, schlackige Böden, die Ufer mit Sträuchern wie Schwanenblumen und anderem Röricht machen dieses Stillgewässer fast so authentisch und nahrhaft wie an einer echten Meeresküste. Dies zeigt sich auch an den Besuchern dieses neuen Biotops. Bereits im ersten Jahr der neuen Flachwasserzone am Tagebau Inden kamen über 200 Watvögel ins Rheinische Revier. Darunter Arten, die vom Aussterben bedroht sind oder selten bis nie in der Region gesichtet wurden. Einige der Durchzügler nutzten Inden nicht nur als Rast auf ihrer Route Richtung Süden, sondern ließen sich sogar zum Brüten nieder. Im nächsten Schritt legen wir gezielt Nisthilfen an, um einige Arten dauerhaft in Inden anzusiedeln.
Ökologische Besonderheiten
In der Rekultivierung Inden wurden inzwischen rund 700 Pflanzen- und Pilzarten und rund 860 Tierarten erfasst, wobei einige Tiergruppen noch gar nicht systematisch untersucht werden konnten. Viele dieser Arten sind gefährdet und auf der Roten Liste verzeichnet.
Einige seltene und gefährdete Tier- und Pflanzenarten:
Vögel: Feldlerche, Grauammer, Rebhuhn, Wachtel, Kiebitz, Wiesenpieper, Baumpieper, Rohrweihe, Wiesenweihe, Wanderfalke, Neuntöter, Turteltaube, Schwarzkehlchen, Bienenfresser, Flussregenpfeifer, Uferschwalbe, Lachmöwe, Heringsmöwe, Waldwasserläufer, Zwergstrandläufer, Eisvogel, Wasseramsel, Fischadler, Uhu, Weißstorch
Säugetiere: Feldhase, Haselmaus, Biber
Amphibien: Kreuzkröte, Springfrosch
Reptilien: Ringelnatter
Wildbienen: Weißbindige Zwergsandbiene, Nomada rhenana
Heuschrecken: Blauflügelige Ödlandschrecke
Schmetterlinge: Goldene Acht, Zwerg-Bläuling
Libellen: Kleine Pechlibelle, Kleine Mosaikjungfer, Gebänderte Prachtlibelle, Blauflügel Prachtlibelle, Gemeine Keiljungfer, Grüne Flussjungfer, Kleine Zangenlibelle, Gebänderte Heidelibelle
Orchideen: 16 verschiedene heimische Arten
Weitere Arten finden Sie in unseren Artenlisten.
Ausblick auf die noch ausstehende Rekultivierung
Ein Großteil des Tagebaus Inden wird als Restsee mit einer Fläche von 11 Quadratkilometer und einer Tiefe von 180 Meter bestehen bleiben. Die Befüllung des Sees wird 30 bis 35 Jahre dauern und über eine Leitung aus der Rur erfolgen. Das südliche Ufer wird der Freizeitnutzung vorbehalten sein, während das Nordufer des Sees ausschließlich Naturschutzzwecken dienen soll.