Abgeschlossene Rekultivierung
Forstliche Rekultivierung: ca. 2400 ha
Landwirtschaftliche Rekultivierung: ca. 660 ha
Historie
Das Rekultivierungsgebiet Südrevier/Ville ist das älteste ehemalige Abbaugebiet des Rheinischen Braunkohlereviers und umfasst rekultivierte Flächen zwischen Brühl und Erftstadt-Liblar. Geologisch gesehen liegt das Südrevier in einer Zone, die gegenüber dem Umland herausgehoben ist, dem „Vorgebirge“ oder dem „Villerücken“, einem etwa 60 m hohen Höhenzug, der sich von Bonn kommend nach Nordwesten absinkend bis südlich von Grevenbroich erstreckt. Durch diese besondere geologische Situation sind die Kohleschichten hier sehr oberflächennah. Das ist der Grund, warum der industrielle Abbau hier im Süden einst seinen Ausgang nahm.
Am Ende des 19ten Jahrhunderts hatten sich etwa 20 Tagebaue in diesem Gebiet entwickelt, deren Namen teils noch heute bekannt sind. Westlich von Brühl waren dies die Roddergrube und die Grube Bleibtreu, die später zum Tagebau Gruhlwerk gehörte. Östlich der Linie von Kierdorf über Köttingen nach Liblar lagen die Gruben Concordia, Liblar und Donatus. Ganz im Süden, beim Birkhof, befand sich der Tagebau Berggeist. Südwestlich von Brühl lag die Grube Brühl, die erste bergrechtliche Gewerkschaft im rheinischen Revier und im Norden, westlich unterhalb des Knappsacker Hügels, die Grube Vereinigte Ville.
Teilbereiche
Der Braunkohlenabbau und die Wiederherstellung der Landschaft sind in diesem Bereich seit den 1970er Jahren abgeschlossen, so dass dort keine aktiven Betriebsflächen mehr zu finden sind. Das Gebiet ist nahezu vollständig forstlich rekultiviert. Hier finden sich die ältesten großflächigen und kontinuierlich waldbaulich entwickelten rekultivierten Wälder des Rheinischen Braunkohlenreviers, darunter besonders gelungene Beispiele einer Waldentwicklung auf rekultivierten Standorten. Mächtige Buchen und Eichen mit einer vielfältig differenzierten Krautschicht lassen einen kaum mehr ahnen, dass man sich auf ehemaligem Industriegelände befindet. Darüber hinaus wurden hier im Zuge der Wiedernutzbarmachung über 50 Seen in die Landschaft integriert. Sie entwickelten sich in den so genannten Restlöchern einer Vielzahl einzelner Tagebaue, da direkt unter der Kohle Tonschichten anstehen und das Grundwasser in den insgesamt flachen Gruben nach Beendigung des Abbaus rasch wieder anstieg. Dem zufolge wird das Südrevier heute auch als „Wald-Seen-Landschaft“ bezeichnet. In einer Region, die von Natur aus keine Seen aufweist, stellt dieses Landschaftselement eine Bereicherung in Bezug auf Landschaftsbild, Naherholung und Naturschutz dar. Diese Gewässer sind sehr artenreich und von überregional hoher ökologischer Bedeutung. Aufgrund ihres Wertes für die Umwelt wurden einige der Gewässer im Südrevier bereits unter Schutz gestellt. Neben der ökologischen Bedeutung für Flora und Fauna spielen auch die Faktoren Freizeit und Erholung eine Rolle. So sind einige der Gewässerkomplexe Zielort für Angler, Badegäste und andere Besucher. Ein gutes Netz aus Wanderwegen und die hohe Zahl an Gewässern lockt vor allem Erholungssuchende aus dem Großraum Köln an.
Das Gebiet des ehemaligen Tagebaus Ville ist bis heute stark industriell geprägt: auf dem ursprünglichen Geländeniveau liegt das Industriegebiet Hürth-Knapsack umgeben von ehemaligen Tagebauen, der benachbarte Klärteich A ist ursprünglich ein Absetzbecken für Wasser mit Kohleresten und im Restloch des alten Tagebaus Ville wurden verschiedene Abfalldeponien eingerichtet. Im Nordosten des Tagebaubereiches Ville liegen die vollständig rekultivierten Tagebaue Gotteshülfe und Theresia. Ersterer ist durch den Otto-Maigler-See gekennzeichnet. Der 1977 im ausgekohlten Grubenfeld Gotteshülfe entstandene, flache See gehört mit seinen 50,5 ha Wasserfläche zu den großen Seen. Heute zählt der Otto-Maigler-See zu den beliebtesten Badeseen im Kölner Umfeld. Neben Badegästen wird er auch von Wassersportlern sehr geschätzt. Interessanterweise ist er trotz der Freizeitnutzung ein wichtiger Rastplatz für Wasservögel. Südlich davon liegt der Hürther Waldsee, der 1986 fertig gestellt wurde und von Beginn an als reiner Naturschutzsee geplant war. Mittlerweile ist er aufgrund des Vorkommens vieler seltener Tiere und Pflanzen zum Schutzgebiet nach der europäischen FFH-Richtlinie erklärt worden. Wertbestimmend sind der Röhricht, aber auch das besonders saubere und nährstoffarme Wasser. Hier kommen ausgedehnte Bestände der Armleuchteralgen vor. Der Bleibtreusee ist mit fast 75 ha der größte See der Ville-Seenplatte und wird intensiv zur Erholung von der Bevölkerung genutzt. Trotzdem weist der See eine hohe Anzahl an Gastvogelarten auf.
Das Villenhofer Maar ist eines der ältesten Gewässer des Südreviers und hat eine besondere Bedeutung für Libellen. Über 30 Arten wurden an diesem See nachgewiesen, davon sind 10 auf der Roten Liste NRW. Auch der Baumfalke als eine gefährdete Art ist hier als Nahrungsgast anzutreffen. Wegen der intensiven Erholungsnutzung entlang des Ufers findet man am Villenhofer Maar jedoch kaum Brutvögel. Der Franziskussee ist ein Waldsee mit zwei Inseln, die von einer Sturmmöwenkolonie mit 44 Paaren als Brutplatz genutzt werden und über die Grenzen des Rheinischen Braunkohlenreviers hinaus bekannt sind. Der See hat eine hohe Bedeutung für Brut- und Rastvögel sowie für überwinternde Arten. Der Donatussee ist mit 9,6 ha Wasserfläche und 15 m Tiefe der tiefste der Villeseen. Heute steht er unter Landschaftschutz. Hier sind ganzjährig geschützte Laichzonen eingerichtet, die nicht betreten und nicht befischt werden dürfen. Unweit entfernt stehen die sogenannten Huttanusbestände mit mittlerweile knapp 80 Jahre alten Buchen, welche sich hier auf rekultivierten Flächen optimal entwickelt haben. In diesen Altwaldbeständen mit ihren beträchtlichen Höhen und Gehölzzuwächsen der Bäume, finden sich viele höhlenbrütende Arten, wie zum Beispiel der seltene und an Altwälder gebundene Schwarzspecht.
Ökologische Besonderheiten
In der Rekultivierung Südrevier/Ville wurden inzwischen mehr als 400 Pflanzen- und Pilzarten und rund 1300 Tierarten erfasst, wobei einige Tiergruppen noch gar nicht systematisch untersucht werden konnten. Viele dieser Arten sind gefährdet und auf der Roten Liste verzeichnet.
Einige seltene und gefährdete Tier- und Pflanzenarten:
Vögel: Löffelente, Rebhuhn, Wachtel, Knäkente, Krickente, Rohrweihe, Zwergtaucher, Drosselrohrsänger, Eisvogel, Trauerseeschwalbe, Flussuferläufer, Baumfalke, Wanderfalke, Bekassine, Sturmmöwe, Turteltaube, Steinkauz, Grauspecht, Pirol
Säugetiere: Wildkatze, Bartfledermaus, Bechsteinfledermaus, Großes Mausohr, Abendsegler
Amphibien: Gelbbauchunke, Wechselkröte, Springfrosch, Feuersalamander
Reptilien: Zauneidechse
Heuschrecken: Blauflügelige Ödlandschrecke
Schmetterlinge: Kleiner Eisvogel, Gelbwürfeliger Dickkopffalter, Schachbrett
Libellen: Kleine Pechlibelle, Keilfleck-Mosaikjungfer, Spitzenfleck, Gefleckte Smaragdlibelle, Zierliche Moosjungfer, Große Moosjungfer
Orchideen: 12 verschiedene heimische Arten, darunter Übersehene Knabenkraut, Pyramiden-Hundswurz
Weitere Arten finden Sie in unseren Artenlisten.